Bock auf Dialog – Vorlesungsreihe: »Zur Anthropologie von Gesundheit und Krankheit in der Psychiatrie«

»Bock auf Dialog« – was wie eine Frage klingt, meinen wir als Statement in mehr als einer Hinsicht.

Prof. Dr. phil. Thomas Bock, Professor für Klinische Psychologie und Sozialpsychiatrie und Psychologischer Psychotherapeut, lädt in dieser Online Vorlesungsreihe der Universität Hamburg verschiedene Menschen zum Dialog ein. Jedes Semester beleuchtet einen thematischen Aspekt.

Ziel der Vorlesungsreihe

Ziel der Vorlesungsreihe »Anthropologische Psychiatrie« ist seit ihrem Start im Jahr 2000, ein menschliches Bild von psychischen Erkrankungen zu vermitteln, sie nicht auf die Abweichung von Normen oder die Folge entgleister Trans-mitter zu reduzieren. Aus dieser Perspektive bekommen die notwendigen Hilfen auch eine politische Dimension: Hilfreiche Psychiatrie braucht eine gute Sozial-, Wohnungsbau- und Kommunalpolitik. Mit Vorteilen für alle: Was psychisch sensiblen Menschen gut tut, bedeutet Psychohygiene für alle. Prävention erfordert Politik.

Diese Veranstaltungsreihe ist eine Kooperation der Universität Hamburg mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Irre menschlich Hamburg e.V. und psychenet.

Seit dem SommerSemester 2020 finden die Vorlesungen online statt. Die Gelegenheit den wichtigen Inhalt auch über die Grenzen Hamburgs hinaus zu teilen.

Ab sofort auch offline für Ihre Einrichtung verfügbar!

Für eine Nutzungsgebühr von 100,00 € für das komplette Semester oder 25,00 € für eine einzelne Episode können Sie die Vorlesungen Ihren Mitarbeitenden oder einem Publikum zur Verfügung stellen. Jetzt Mail an: czarnik@psychiatrie-verlag.de


Ende der Ver-Anstalt-ung – »Die Psychiatrie ist soziale oder keine Psychiatrie!« – Klaus Dörners Erbe heute: WiSe 23/24

Den Start der Vorlesungsreihe Anthropologische Psychiatrie in 2000 hat Prof. Dr. Dr. Klaus Dörner begleitet und unterstützt. Am 25.9. 2022 ist er im Alter von 88 Jahren gestorben.

»Sein mutiger und unermüdlicher Einsatz für die Rechte psychisch erkrankter Menschen und deren Angehörigen, für die Erforschung ihrer leidvollen Geschichte im Nationalsozialismus und für eine menschenfreundliche und soziale Psychiatrie heute hat uns begleitet, geprägt und motiviert« (aus der Traueranzeige).

Klaus Dörners Werk ist vielschichtig, geht weit über die Psychiatrie hinaus. Was bedeutet es heute? Was ist erreicht, was nicht? Was ist auch anders als er dachte?

Zu den Vorlesungen WiSe 23/24 »


Literatur

  • »Irren ist menschlich – Lehrbuch der Psychiatrie und Psychotherapie«, Klaus Dörner, Ursula Plog, Thomas Bock, Peter Brieger, Andreas Heinz, Frank Wendt
  • »Irre verständlich – Menschen mit psychischer Erkrankung wirksam unterstützen«, Matthias Hammer, Irmgard Plößl
  • »Eigensinn und PsychoseNoncompliance als Chance«, Thomas Bock »Hard to reach – schwer erreichbare Klientel unterstützen«, Karsten Giertz, Lisa Große, Silke B. Gahleitner
  • »Ex-In-Genesungsbegleitung – Erfahrungsberichte aus der Praxis«, Susanne Ackers, Klaus Nuißl
  • »Psychiatrische Krisenintervention zu Hause – Das Praxisbuch zu StäB & Co«, Stefan Weinmann (Hg.), Andreas Bechdolf (Hg.), Nils Greve (Hg.)
  • »Offener Dialog – Die Vielfalt der Stimmen im Netz«, Jaakko Seikkula, Tom Erik Arnkil
  • »Das Weddinger Modell – Resilienz- und Ressourcenorientierung im klinischen Kontextschenrechte und therapeutische Kulturen in der Psychiatrie«, Lieselotte Mahler, Ina Jarchov-Jardi, Christiane Montag, Jürgen Gallinat

Mensch Bleiben – auch in seelischer NotSoSe 2023

Beispiele guter Behandlung im Dialog: Warum nicht überall so?

Die Vorlesungs-Dialoge zum Thema Mensch-Sein haben viel Anklang gefunden, auch das neue Vorgehen, immer zwei Experten in Gespräch zu bringen – mit beruflichem Kontext und aus eigener Erfahrung.

Unter der neuen Überschrift »Mensch bleiben« soll es diesmal um Erfahrungen mit dem Hilfesystem gehen:

  • Welche Hilfen bieten die besten Chancen, möglichst wenig zu kränken und zu schaden?
  • Welche orientieren sich am meisten an Ressourcen und Lebenszusammenhängen?
  • Welche erlauben, uns als Menschen möglichst vollständig wahrzunehmen und tiefe Krisen möglichst wenig zu stigmatisieren?
  • Wo und wie bleibt die Kontinuität zwischen gesund und krank prägend auch für die Beziehungskultur?
  • Wie gelingt es besonders breite Brücken zu bauen zwischen Selbst- und Fremdhilfe?

Der Blick richtet sich auf stationäre, ambulante und aufsuchende Hilfen, auf die Herausforderung, Zwang zu vermeiden, fair zu besprechen und gut zu verarbeiten. Welche Maßnahmen stehen im Zentrum jeder Reform – aus der Sicht professioneller und persönlicher Erfahrung?

Ich widme schon diese Reihe Klaus Dörner, der beim Start der Vorlesungsreihe beteiligt war und Ende letzten Jahres gestorben ist. Das Programm im WS 2023/24 wird ihm gewidmet sein – jeweils mit einem*r Wegbegleiter*in und einem*r aktuellen Kämpfer*in.

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Literatur


Mensch-SeinWiSe 22/23

Psychische Erkrankungen gelten als Volkskrankheiten. Mindestens ein Drittel aller Menschen wird im Leben mit psychiatrischer Hilfe zu tun bekommen. Wird die Menschheit (psychisch) kränker? Oder unser Verständnis von Erkrankung menschlicher? Laufen wir in Gefahr, Probleme zu psychiatrisieren, die eher gesellschaftliche Lösungen erfordern? Wieso werden in dem Irrsinn, in dem wir leben, nicht alle verrückt?

Psychische Störungen haben mit zutiefst menschlichen Themen und Konflikten zu tun, psychiatrische Diagnosen sind philosophisch zu überdenken. Wir dürfen über die Spezialisierung auf Transmittel und Synapsen nicht den Blick auf den ganzen Menschen verlieren. Wir müssen noch fragen können:

  • Was hat die Depression mit Scham, die Manie mit der Flucht aus Überanpassung und was haben beide mit dem Verlust von Zeitgefühl zu tun?
  • Sind Menschen in Psychosen vor allem dünnhäutig, sodass innere Dialoge zu äußeren werden und auch reale Ereignisse filterlos eindringen?
  • Wie weit sind Ängste lebensnotwendig, Zwänge Schutzmechanismen und Süchte Ausdruck haltloser Suche; wo sind alle drei nicht nur individuell riskant, sondern kulturell prägend?
  • Wer stört wen, wenn wir von Persönlichkeitsstörungen sprechen?
  • Und erfassen wir noch, dass die zugrundeliegenden Spannungsfelder zwischen Nähe und Distanz, Autonomie und Bindung, Anpassung und Widerstand alle Menschen betreffen?

Wie müssen Hilfen aussehen, die nicht nur annehmbar sind, sondern auch helfen, die überwältigenden Erfahrungen wieder anzueignen und die eigenen Bewältigungsstrategien zu stärken. Die Vorlesungs-Dialoge lassen Experten zu Wort kommen, die über den Tellerrand schauen.

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Literatur


Soziale Not und Seelische Gesundheit – SoSe 2020

Armut und Einsamkeit bestimmen mit, wie häufig und schwer Menschen psychisch erkranken, ob und wie sie genesen. Urbanes Leben kann seelisch belasten. Muss Stadtplanung von psychiatrie-erfahrenen Menschen lernen? Brauchen wir ein Ministerium für Einsamkeit wie in England? Kann materielle Grund-sicherung wirksame psychische Prävention bedeuten? Kann Peer-Support auch Menschen mit sozialen Problemen helfen? Brauchen wir ein recovery- bzw. empowerment-College?

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Literatur


Nähe und Seelische Gesundheit – WiSe 20/21

Nähe ist schön und manchmal schwierig. Wir können sie wünschen und fürchten – sie ist existentiell für unser Leben, unsere Gesundheit. Und wenn wir trotzdem erkranken, ist der Wesenskern von
(Psycho)Therapie persönliche Begegnung. Und nun? Die Corona-Krise konfrontiert uns mit Abstandsregeln, manche mit Isolation. In der Öffentlichkeit verschwinden Gesichter hinter Masken – was macht das mit uns? Wir haben Angst vor dem Virus, vor der Ohnmacht (der Medizin), vor der eigenen Überforderung im Alltag. Schreckliche Bilder prägen uns. Wie bewahren wir Hoffnung? Müssen wir die Nähe retten? Oder müssen wir umdenken: Mehr Home-Office, mehr virtuelle Therapie, Video-
konferenzen, Chatrooms …. Was wird aus Nähe, Bindung, Liebe, Vernunft …

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Literatur

  • »Wahnsinnig nah – Ein Buch für Familien und Freunde psychisch erkrankter Menschen«, BApK e.V.
  • »Paare mit Paketen – Psychische Erkrankung gemeinsam meistern«, Karen-Susan Fessel

Gibt es die Seelisch gesunde Stadt? – SoSe 2021

Urbanes Leben lässt die Wahrscheinlichkeit, psychisch zu erkranken steigen. Großstadt-Leben bedeutet Stress. Das hat mit Umweltfaktoren wie Lärm und Luftverschmutzung zu tun, aber auch mit Reizüberflutung und fehlenden sozialen Orten für alle.

Die Gefährdung der psychischen Stabilität ist nicht für alle gleich. Armut spielt dabei eine gewichtige Rolle. Privilegierte leben auch in der Stadt gesünder. Für alle gilt: Je größer der Gegensatz von arm und reich in einer Kultur, einer Gesellschaft, einer Stadt, desto höher steigt die Rate der psychischen Erkrankungen. Ist das ein Grund, warum in Hamburg die Rate der Krankschreibungen aus psychischen Gründen am höchsten ist? Dasselbe gilt für die Ungleichverteilung von arm und reich: die einen werden krank, weil sie zu viel arbeiten, die anderen, weil sie keine Arbeit haben. Prävention ist also Politik, vielleicht vor allem Kommunalpolitik!

Welche ganz konkreten Lebensbedingungen brauchen wir, um seelisch gesund zu bleiben? Können wir von psychisch-erkrankten bzw. -sensiblen Menschen lernen, gesünder zu leben, zu arbeiten, zu lernen? Welchen Auftrag haben wir an die (Kommunal-) Politik hinsichtlich Prävention?

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Literatur


Der Gewalt begegnenWiSe 21/22

Was können wir tun, um der Gewalt zu begegnen, dem Risiko von Gewalterfahrung entgegenzuwirken – im Zusammen-hang mit der Entstehung, dem Verlauf und der Behandlung psychischer Erkrankungen? Psychisch erkrankte Menschen wurden und werden häufig Opfer, deutlich seltener auch Täter. Viele gewaltsame oder sexuelle Übergriffe geschehen im »Nahbereich«; d.h. auch Angehörige können unter großer Belastung Täter und Opfer sein. (sind in doppelter Hinsicht beteiligt.).

Auch in der Psychiatrie können Zwang und Gewalt in vielen Formen präsent sein – ausgehend von Patienten, vom Personal, von Wachdiensten, institutionell oder informell …. Im Trialog begegnen sich also (potentielle) Opfer und Täter – Hilft uns das, von einander zu lernen? – Was bedeutet in diesem Zusammenhang traumsensible Behandlung? Welche Strukturen, Konzepte, Methoden und Beziehungskulturen helfen uns, die Wahrscheinlichkeit von Gewalt zu reduzieren? Wie halten wir aus und verstehen wir, dass Familien sehr oft elementar wichtig sind als Rückhalt und Zuflucht, manchmal aber als Ort von Gewaltentstehung werden können? Und hilft uns die Erkenntnis, dass das auch unabhängig von psychischen Erkrankungen gilt, dass die Fähigkeit und Bereitschaft des Menschen zu Gewalt zunächst mal nichts mit psychischer Erkrankung zu tun hat?

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Literatur


Seele in veränderter GesellschaftSoSe 2022

Als diese Reihe zur »Seele in veränderter Gesellschaft« konzipiert wurde, war Krieg in Europa noch unvorstellbar. Waren wir blind? Warum hat die Diplomatie diesmal versagt? Selbstverständlich hat auch die zerstörte Stadt seelische Folgen, wirkt die Angst vor dem Krieg weit über Ländergrenzen hinweg. Auch die gesellschaftlichen Veränderungen, die den Krieg ermöglichen sind psychisch relevant. Insofern wird dieses Thema in allen Dialogen präsent sein.

Urbanes / großstädtisches Leben erhöht die Wahrscheinlichkeit einer psychischen Erkrankung. Was genau ist damit gemeint, was belastet unsere Seele? Und wie muss Stadtraum gestaltet werden, um psychische Gesundheit zu fördern? Welche Rolle spielt es, draußen sein zu können, in der Natur zu sein. Und welche Konsequenzen hat das für Stadtplanung und Architektur? Gilt das auch für die bauliche Gestaltung von Kliniken, auch für die konkrete Atomsphäre von Stationen – etwa im Sinne der Milieutherapie und der SOTERIA-Kultur? Die Interviews berühren auch die Frage, wie der Diskurs von Wissenschaft und Kultur zu befördern ist? Wie kommt es dass englische und irische Wissenschaftler schneller Position beziehen und ihre Politiker mit Ergebnissen füttern? Können und müssen sich nicht auch deutsche Neurowissenschaftler politisch positionieren?

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Literatur

  • »Das Weddinger Modell – Resilienz- und Ressourcenorientierung im klinischen Kontextschenrechte und therapeutische Kulturen in der Psychiatrie«, Lieselotte Mahler, Ina Jarchov-Jardi, Christiane Montag, Jürgen Gallinat
  • »Psychose und Eigensinn – Noncompliance als Chance«, Thomas Bock
  • »Offener Dialog – Die Vielfalt der Stimmen im Netz«, Jaakko Seikkula, Tom Erik Arnkil

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