Kaspar, J.; Arnemann, C.: Die Wiederaufnahme des Strafverfahrens zur Korrektur fehlerhafter Urteile – rechtliche Grundlagen, empirische Erkenntnisse und Reformbedarf – Einzelartikel aus R&P 1/2016

Der Korrektur von Fehlurteilen dient neben den gängigen Rechtsmitteln insbesondere der Rechtsbehelf der Wiederaufnahme. Der Beitrag befasst sich mit dem geltenden Wiederaufnahmerecht und stellt dessen verfassungsrechtlichen Rahmen dar. Aufgrund der grundrechtlichen Position eines bzw. einer zu Unrecht Verurteilten sollte die Möglichkeit der günstigen Wiederaufnahme nicht lediglich als Ausnahme verstanden werden; die Suche nach der materiellen Wahrheit darf dem Grundsatz der Rechtssicherheit nicht pauschal untergeordnet werden. Anders ist die verfas- sungsrechtliche Situation bei der ungünstigen Wiederaufnahme, die deshalb restriktiv zu handhaben ist. Während im Bereich der Wiederaufnahme propter nova gemäß § 359 Nr. 5 StPO bereits eine weniger restriktive Auslegung der Bestimmungen zu einer sachgerechten Praxis führen dürfte, besteht im Bereich der Strafmaßwiederaufnahme gemäß § 363 Abs. 1 StPO Reformbedarf, um die günstige Wiederaufnahme behutsam zu öffnen. Eine Auseinandersetzung mit den empirischen Erkenntnissen zur Wiederaufnahmepraxis offenbart den großen Bedarf nach empirischer Forschung, insbesondere zu den Erfolgsquoten eingereichter Wiederaufnahmeanträge.