Sauerland, M.; Krix, A.; Merckelbach, H.: Konstruktion, Durchführung und Beurteilung von Gegenüberstellungen sind mehr als gesunder Menschenverstand – Einzelartikel aus R&P 1/2016

Augenzeuginnen und -zeugen können irren. Doch nicht immer liegt dies an ungünstigen Wahrnehmungs- oder Zeugenbedingungen. Im vorliegenden Artikel stellen wir drei Begutachtungsfälle dar, in denen dem Gericht von der Berücksichtigung der betreffenden Identifizierungsaussagen als Beweismittel abgeraten werden musste. Dies lag in Mängeln in der Konstruktion und Durchführung der Gegenüberstellungen, Fehlern im Umgang mit den Zeugen oder in der Interpretation der Identifizierungsentscheidungen begründet. Basierend auf der Analogie von Gegenüberstellungen und psychologischen Experimenten argumentieren wir, dass die Konstruktion, Durchführung und Beurteilung von Gegenüberstellungen in die Hand von Rechtspsychologen gehört. Nur so kann vermieden werden, dass Augenzeugenbe- weise aufgrund prozeduraler Mängel unbrauchbar werden, und kann Justizirrtümern als Folge von Falschidentifizierungen entgegengewirkt werden. Solange dies nicht der Fall ist, empfehlen wir Verteidigerinnen und Verteidigern, Gegenüberstellungen im Interesse ihrer Klientinnen und Klienten durch experimentell ausgebildete rechtspsychologische Sachverständige prüfen zu lassen.