Rettenberger, M.; Eher, R.: Potenzielle Fehlerquellen bei der Erstellung von Kriminalprognosen, die gutachterliche Kompetenzillusion und mögliche Lösungsansätze für eine bessere Prognosepraxis – Gratisartikel aus R&P 1/2016

Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über potenzielle Fehlerquellen und Verzerrungsmechanismen, denen forensische Gutachter/-innen bei der Erstellung von kriminalprognostischen Einschätzungen ausgesetzt sind. Ausgehend von der seit Jahrzehnten hinlänglich bekannten Tatsache, dass insbesondere intuitive und erfahrungsbasierte Prognosegutachten Trefferquoten erzielen, die kaum über dem Zufallsniveau liegen, werden kurz die kognitiv-psychologischen Grundlagen erörtert, die für die mangelnde Prognosequalität (mit-)verantwortlich sind und gleichzeitig zu dem unerschütterlichen Glauben an die Fähigkeit menschlicher Intuition beitragen. Dieser zuletzt genannte allge- meinpsychologische Mechanismus, der im Bereich der psychologischen Literatur unter anderem auch als »Kompetenzillusion« bezeichnet wird, führt zu einer generellen Überschätzung der eigenen diagnostischen und prognostischen Fähigkeiten und trägt entscheidend dazu bei, dass wissenschaftlich fundierte (Weiter-) Entwicklungen im Bereich der internationalen forensisch-kriminologischen Forschung immer noch zu wenig in der alltäglichen Begutachtungspraxis angenommen werden. Nichtsdestotrotz schließt der vorliegende Beitrag mit einer kurzen Darstellung möglicher Lösungsansätze, anhand derer die Prognosepraxis verbessert werden könnte.