Marbin, D. et al.: Die Bedeutung von Wohnungslosigkeit für Menschen mit seelischen Erkrankungen – Einzelartikel aus SI 2/2021

Wohnungslosigkeit ist eine Extremform sozialer Exklusionsprozesse, welche Menschen mit seelischen Erkrankungen besonders häufig betrifft. Die Entstehung von Wohnungslosigkeit ist multikausal, einschließlich sozialer Prozesse. Studien weisen darauf hin, dass bestehende seelische Erkrankungen der Wohnungslosigkeit häufig vorweggehen. Prozesse frühkindlicher Traumatisierung bei einem Teil der Betroffenen sind bisher nicht ausreichend untersucht, spielen aber möglicherweise ebenfalls eine Rolle. Bei wohnungslosen Menschen mit seelischen Erkrankungen haben sich neben den bestehenden Therapieangeboten laut internationalen Untersuchungen insbesondere niedrigschwellige und aufsuchende therapeutische Unterstützungsangebote als wirksam erwiesen. Dennoch bleibt offen, welche spezifischen Hilfen neben der Zurverfügungstellung sicheren Wohnraums, den Bedarfen und Ressourcen der Betroffenen gerecht werden können. Es werden Lösungen in Form des Abbaus von Barrieren des Versorgungssystems und Stigmata, der Einsatz von Peer-Work und digitalen Lösungen diskutiert. Dabei gilt es, die Rolle der Psychiatrie an der Schnittstelle zu sozialen gesellschaftlichen Schieflagen kritisch und in engem Erfahrungsaustausch mit den Betroffenen zu hinterfragen.