Hein, Querengässer, Schiffer: Verhältnismäßigkeitserledigung als Ausdruck gescheiterter Maßregelbehandlung? – Einzelartikel aus R&P 2/2022

Eine Analyse von Therapieverläufen
Mit der Novellierung des § 67d Abs. 6 StGB im Jahr 2016 wurden die Voraussetzungen für eine Erledigung der Maßregel gem. § 63 StGB aus Gründen der Verhältnismäßigkeit neu geregelt. Die vorliegende Arbeit untersucht die Therapieverläufe aller gem. § 63 StGB in NRW untergebrachten Patienten, deren Unterbringung zwischen dem 01.08.2016 und 31.07.2018 gem. § 67d Abs. 6 StGB für erledigt erklärt wurde (n = 157). Als Basis dieser Analyse dienten Aktenanalysen (n = 146) und Interviews mit den ehemaligen Behandlern dieser Patienten (n = 105). Außerdem wurden Unterbringungsdaten anhand der Basisdatendokumentation erfasst und diese mit einer Vergleichsgruppe aus n = 227 Patienten verglichen, deren Unterbringung gem. § 67d Abs. 2 StGB bedingt zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Ergebnisse bestätigen, dass die im Untersuchungszeitraum aufgrund einer Erledigungsentscheidung aus der Maßregel. gem. § 63 StGB entlassenen Patienten in NRW häufig mit einer (aus klinischer Sicht) unabgeschlossenen Behandlung mit wenig Erprobungsmöglichkeiten aus der Unterbringung freikamen und häufig nicht in (aus klinischer Sicht) geeignete Entlassräume integriert werden konnten. Es gibt Hinweise darauf, dass das Verhältnis zwischen Patienten und Maßregeleinrichtung häufiger belastet war.
Schlüsselwörter: Forensische Psychiatrie, Verhältnismäßigkeit, Straftäterbehandlung, Wiedereingliederung, § 63 StGB