»Euthanasie« in Großschweidnitz

Regionalisierter Krankenmord in Sachsen 1940-1945

Format:
Kartoniert
Auflage:
1. Auflage 2016
Seiten:
188
ISBN:
978-3-88414-680-4
25,00 

Der vorliegende Band präsentiert die auf der Frühjahrstagung des Arbeitskreises zur Erforschung der nationalsozialistischen »Euthanasie« und Zwangssterilisation vom 5.-7. Juni 2015 in Großschweidnitz vorgestellten neuesten Forschungsansätze und -ergebnisse zur Geschichte der NS-»Euthanasie« in Sachsen.

Inhaltlicher und zeitlicher Rahmen des Bandes ist die Phase der »dezentralen Euthanasie«, in der Ärzte und Schwestern, die ihnen anvertrauten Patienten durch überdosierte Beruhigungsmittel und/oder systematische Unterernährung töteten. Dieser Mord geschah regionalisiert, in allen Teilen des Deutschen Reiches; die sächsische Landesanstalt Großschweidnitz war solch eine »Sterbeanstalt«. Das Geschehen in Großschweidnitz bildet den Schwerpunkt des Bandes. Verschiedene Beiträge verorten die Landesanstalt innerhalb des sächsischen Anstaltsgefüges und beleuchten ihre Funktion während der NS-Zeit, in der Großschweidnitz zu einem Durchgangsort für »T4«-Transporte, aber eben auch selbst zu einem Ort des Todes wurde. Die Opfer, die nicht nur aus Sachsen stammten, und der lange Weg der gesellschaftlichen Aufarbeitung der Verbrechen werden ebenso thematisiert wie die aktuellen Bemühungen um ein Gedenkbuch für die Opfer der NS-»Euthanasie« in und aus Sachsen. Anhand weiterer regionaler Beispiele wird der Frage nachgegangen, wie mit den Krankenmorden und den Akteuren nach 1945 umgegangen wurde. In der Tradition des Arbeitskreises, der sich nicht nur die Erforschung der NS-Zwangssterilisation und Krankenmorde zum Ziel gesetzt hat, sondern auch aktuelle bioethische Fragen aufgreift, schließt der Band mit der Stellungnahme des Arbeitskreises zur ärztlichen Suizidbeihilfe ab.

Leseprobe

Herausgeber Dr. Dietmar Schulze

Dr. phil. Dietmar Schulze ist Historiker und zurzeit wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin der Charité Berlin, Veröffentlichungen zur NS-»Euthanasie« und Psychiatriegeschichte.

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Herausgeberin Dr. phil. Maria Fiebrandt

Dr. phil. Maria Fiebrandt ist Historikerin und Mitarbeiterin beim BStU, Außenstelle Dresden. Sie ist Verantwortliche für Öffentlichkeitsarbeit im Gedenkstätte Großschweidnitz e.V., Veröffentlichungen zur NS-»Euthanasie« und der NS-Volkstumspolitik.

Dr. Dietmar Schulze und Dr. Maria Fiebrandt haben im Auftrag des ausrichtenden Vereins Gedenkstätte Großschweidnitz die Herausgabe des Bandes übernommen. Beide sind Historiker, die sich im Verein ehrenamtlich engagieren.

Der im Jahr 2012 gegründete Verein Gedenkstätte Großschweidnitz hat sich zur Aufgabe gemacht, in Großschweidnitz einen Ort für die bislang namenlosen Opfer der NS-Krankenmorde in Großschweidnitz zu schaffen. Mehr als 5.700 Menschen starben dort zwischen 1939 und 1945 infolge überdosierter Medikamente, systematischer Unterernährung und medizinisch-pflegerischer Mangelversorgung. Es soll ein Ort der Erinnerung, des Gedenkens, der Information und Bildung entstehen. Der Verein organisiert regelmäßig Wanderausstellungen, Vorträge und Führungen. Mit finanzieller Unterstützung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz erarbeiten Historiker derzeit eine Opferdatenbank, in der möglichst alle zwischen 1939 und 1945 in Großschweidnitz verstorbenen Patienten erfasst sein sollen. Der Verein bemüht sich zugleich um eine systematische Erforschung der Krankenmorde in Großschweidnitz. Die im Tagungsband vorgestellte Probeerfassung der Großschweidnitzer Patientenakten initiierte und finanzierte der Verein. Im Rahmen weiterer Forschungsaufträge wurden einzelne Opfergruppen, z.B. Zwangsarbeiter, Kinder und Jugendliche, genauer in den Blick genommen. Mitglieder des Vereins erarbeiten derzeit mit Hilfe von Architekten, Historikern, und der Stiftung Sächsische Gedenkstätten ein Konzept, das die Grundlage für die Errichtung der zukünftigen Gedenkstätte darstellt.

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