Dudeck, M.; Franke, I.: Stellenwert und Bewertung von Anpassungsleistung, therapeutischer Beziehung und Stationsklima in Prognosegutachten – Einzelartikel aus R&P 3/2018

In Deutschland wurden im Jahr 2006 Mindeststandards für forensisch-psychiatrische Prognosegutachten veröffentlicht. Durch ihre Etablierung sollte der hohen formalen und inhaltlichen Varianz der Gutachtenqualität entgegengewirkt werden, womit wiederum eine verbesserte prognostische Sicherheit bei Lockerungs- und Entlassungsentscheidungen verbunden sein sollte. Dieses Ziel konnte gemäß wissenschaftlicher Untersuchungen zur Umsetzung der Mindeststandards nicht erreicht werden. Bei der nun diskutierten Frage, ob die Mindeststandards überarbeitet werden sollen, ist neben Möglichkeiten einer verbesserten Implementierung auch zu evaluieren, inwieweit die bis dahin vorliegenden, mehrheitlich auf die prädeliktische Persönlichkeitsentwicklung bezogenen Kriterien ausreichend geeignet sind, eine valide Prognose über künftiges Verhalten abzugeben. Zur Beurteilung der postdeliktischen Entwicklung von Straftätern in geschlossenen Behandlungsstrukturen ist der Gutachter auf die genaue Beschreibung des bisherigen therapeutischen Prozesses angewiesen, um die dynamischen Risikofaktoren adäquat erfassen zu können. Der Therapieprozess unterliegt verschiedenen Einflüssen, die zum Teil auch außerhalb der Person des Probanden liegen. Der vorliegende Artikel diskutiert, welche Aspekte dabei berücksichtigt werden sollten und wie Stationsklima, therapeutische Beziehung und Anpassungsleistung im Hinblick auf die künftige Legalbewährung bewertet werden können.