Claassen, D.: Betreuungsrecht und Guardianship – Ein Vergleich zwischen deutscher und englischer Praxis – Einzelartikel aus R&P 2/2005
Einleitung: Die Diskussionen um die gegenwärtige Novellierung des Betreuungsrechts in Deutschland und stark angestiegene Betreuungszahlen sowie explodierende Kosten konzentrieren sich darauf, wie eine Betreuung durch Stärkung der vorhandenen Instrumente vermieden werden kann. Das sich in Teilen mit dem Anwendungsbereich des deutschen Betreuungsrechts überschneidende Guardianship in England wird aus bestimmten Gründen deutlich weniger genutzt. Methodik: Aktuelle Betreuungszahlen und Entwicklung in den letzten Jahren in Deutschland werden den entsprechenden Häufigkeiten in England gegenübergestellt. Zudem wird je ein Fallbeispiel gegeben, das die unterschiedliche Beurteilung und Praxis auf dem Hintergrund der jeweiligen sozialpsychiatrischen Versorgung deutlich macht. Ergebnisse: In Deutschland hat sich die Betreuung mit über 886 000 Fällen in 2000 zu der wichtigsten Zwangsmaßnahme im psychosozialen Bereich entwickelt, die inzwischen über 1 % der Bevölkerung betrifft. Demgegenüber wird das Konstrukt des Guardianship, ebenso wie andere ähnliche Maßnahmen des dortigen Unterbringungsgesetzes (Mental Health Act), in England wenig genutzt. Diskussion: Inhaltliche Aspekte einer möglichen Betreuungsvermeidung sollten in der deutschen Diskussion stärker zum Tragen kommen. Ausbau sozialpsychiatrischer Dienste und Stärkung von Institutsambulanzen sowie explizit aufsuchende Dienste wie das englische Assertive Outreach Konzept könnten helfen, ein weiteres Ansteigen der Einrichtung von Betreuungen zu vermeiden. ...