Castelletti, Scarpa: Die ersten fünf Jahre einer radikalen Reform der forensischen Psychiatrie in Italien – Einzelartikel aus R&P 1/2022
Die Autoren beschreiben den tiefgreifenden strukturellen, legislativen und inhaltlichen Wandel, den die forensische Psychiatrie Italiens in den vergangenen zwanzig Jahren vollzogen hat. Damit geben sie auch Anstöße für die notwendige Diskussion einer Reform der forensischen Psychiatrie in Deutschland. Eine Untersuchungskommission des italienischen Senats empfahl 2011 dringend die Schließung der OPG (Ospedale Psichiatrico Giudiziario: Psychiatrisches Justizkrankenhaus). Dafür wurden die legislativen Voraussetzungen geschaffen und 2016 das letzte der ehemals sechs OPG geschlossen, die insgesamt eine Gesamtkapazität von 1.200 Betten hatten. Ersetzt wurden sie durch gemeindeintegrierte geschlossene Wohneinheiten mit durchschnittlich zwanzig Plätzen, den sogenannten REMS (Residenze per l’Esecuzione delle Misure di Sicurezza: Wohneinrichtung zur Durchführung der Sicherungsmaßnahme). Diese halten jetzt 600 Plätze für das ganze Land vor. Nach fünf Jahren Praxiserfahrung ziehen die Autoren eine erste
Bilanz. Neben den Erfolgen dieser Reform benennen sie auch Probleme und Widersprüche, die eine Aufnahme der totalen forensischen Institution in gemeindeintegrierte Strukturen mit sich bringt.
Schlüsselwörter: Forensische Psychiatrie, Reform, Deinstitutionalisierung, Italien