Renn, P.: Gewalttätige Männer: Wie Traumatisierung und desorganisierte Bindung zusammenhängen – Einzelartikel aus R&P 1/2006

Zunächst werden die wesentlichen Grundzüge der Bindungstheorie referiert einschließlich Ergebnissen der Bindungsforschung zur Erklärung der Gewalttätigkeit von Männern. Anknüpfend an Bowlby lokalisiert der Autor die Wurzeln von Gewalttätigkeit in Störungen früher Bindungserfahrungen, wodurch sich das Selbst bedroht erlebt. Die Bedeutung des maladaptiven und destruktiven Verhaltens erschließt sich aus der Beziehungsmatrix bzw. den Bindungsmustern, wenn dem aktuellen Erleben des Gewalttäters mit angemessenem Verständnis begegnet wird. Zwischen Verlusterlebnissen, die nicht betrauert wurden, und unverarbeiteten Traumatisierungen einerseits sowie desorganisierten Bindungsrepräsentationen, Affektregulation und Gewalttätigkeit gegen andere im Erwachsenenalter andererseits bestehen enge Verbindungen. Es wird ein Therapiemodell vorgestellt, das darauf fokussiert, den Patienten dabei zu unterstützen, seine unverarbeiteten Traumata und die daraus resultierenden Affekte in einer hinreichend sicheren therapeutischen Beziehung zu bearbeiten. Gestützt auf dieses theoretische Modell, wird der »normale« Mörder in den Blick genommen. Ein Fallbeispiel aus der forensisch-therapeutischen Arbeit des Autors dient der Illustration der wichtigsten Aspekte des Modells und insbesondere des Zusammenhangs zwischen desorganisierter Bindung und der Gewalttätigkeit von Männern. ...