Recht & Psychiatrie 1/2022 komplett

19,90 
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DOI: 10.1486/RP-2021-01_0
Der erste Beitrag von Castelletti/Scarpa beschreibt die ersten fünf Jahre einer radikalen Reform der forensischen Psychiatrie in Italien. Eine Untersuchungskommission des italienischen Senats hatte 2011 dringend die Schließung psychiatrischer Krankenhäuser empfohlen. Dies führte 2016 dazu, dass letzte der sechs psychiatrischen Krankenhäuser geschlossen wurde. Ersetzt wurden sie durch gemeindeintegrierte geschlossene Wohneinheiten. Nach fünf Jahren Praxiserfahrung ziehen die Autoren eine erste Bilanz. Neben Erfolgen identifizieren sie auch Probleme und Widersprüche der Reform.
Krebs/Konrad widmen sich im zweiten Aufsatz der psychiatrischen Nachsorgeambulanz für aus dem Justizvollzug entlassene psychisch kranke Gefangene. Diese wurde in Berlin als erste Ambulanz dieser Art in Deutschland gegründet. Anhand einer Vollerhebung wurde die Patientenpopulation in den ersten Jahren nach Gründung (2016-2020, n=21) analysiert und charakterisiert, um die Bedarfe dieser spezifischen Zielgruppe zu erfassen. Es zeigte sich, dass viele ehemalige Patienten das Angebot einer solchen Behandlung gar nicht erst annahmen, insbesondere solche, die in die Obdachlosigkeit entlassen wurden. Damit bestätigten sich in Bezug auf sozioökonomische Faktoren genau die Risikofaktoren, die aus der Literatur bekannt sind. Dagegen hatten andere Faktoren wie bspw. Deliktsart, Vorstrafen oder frühere psychiatrische Behandlungen keinen Einfluss auf die Behandlungsadhärenz. Die Autoren schlagen daher vor, die Behandlungsangebote dieser Ambulanz weiter anzupassen, um die spezifische Gruppe besser zu erreichen.
Bezzel beschäftigt sich in ihrem Beitrag mit der forensisch-psychiatrischen Ambulanz und ihrer Bedeutung für den Erfolg forensischer Arbeit (§ 64 StGB). Im Rahmen einer Ergebnisqualitätsstudie (n=450) konnte festgestellt werden, dass sich forensisch-psychiatrische Ambulanzarbeit stabilisierend auswirkt. Zwei Drittel der Probanden wurden nicht suchtmittel- oder deliktsrückfällig und nach etwa zweieinhalb Jahren konnte über die Hälfte der 275 Entlassprobanden die Behandlung regulär abschließen. Die katamnesischen Untersuchungen an regulär Entlassenen (n=103) weist auf einen stabilisierenden Effekt hin: 80% der Entlassenen meistern die erste Zeit ohne therapeutische Unterstützung rückfallfrei.
Über diese diversen Beiträge hinaus werden weitere Dokumente aus der einschlägigen Rechtsprechung veröffentlicht. Schließlich folgen Rezensionen und Veranstaltungshinweise.