Lang, U.; Borgwardt, S.; Walter, M.; Huber, C.: Einführung einer »Offenen Tür Politik« – Was bedeutet diese konkret und wie wirkt sie sich auf Zwangsmaßnahmen aus? – Einzelartikel aus R&P 2/2017
Die Häufigkeit von Zwangsmaßnahmen variiert zwischen Län- dern, Kliniken und einzelnen Behandlungsteams. Kontrollierte kli- nische Studien zu der jeweiligen Praxis fehlen hierzu weitgehend. In einer aktuellen Arbeit zeigte sich bei ca. 350.000 untersuchten Fällen, dass Komplikationen wie Suizide und Entweichungen in komplett offen geführten psychiatrischen Versorgungskliniken nicht häufiger als in geschlossen geführten Einrichtungen vorka- men. Des Weiteren konnte in einigen kleineren Studien gezeigt werden, dass eine Einführung einer »Offenen Tür Politik« zu we- niger Zwangsmaßnahmen führen kann.
In dieser Arbeit werden mögliche Ursachen dieser Beobachtung diskutiert, wie Überbelegung, Konzentration von Akutpatienten bzw. Crowding, eine längere Verweildauer auf den Akutabtei- lungen bzw. mehr Therapieangebote und ein erleichterter Beziehungsaufbau, Personalverschiebungen, eine bessere Sta- tionsatmosphäre, Normalität und eine höhere emotionale An- sprechbarkeit von Bezugspersonen.
Eine Öffnung von Psychiatrien, wenn sie mit entsprechenden konzeptionellen Maßnahmen verbunden ist, könnte helfen, die zentral wichtige Beziehungsarbeit in der Psychiatrie zu intensi- vieren und führt dabei nach den bisher vorliegenden Daten nicht zu erhöhten Risiken.