Schmidt-Recla, A.: Über das Konzept eines »freien« Willens nach der UN-Behindertenrechtskonvention – Einzelartikel aus R&P 4/2017
Das Recht setzt den Willen handelnder Rechtssubjekte als Grundannahme voraus. Aus Rechtsgründen wird die menschliche Fähigkeit, einen Willen zu bilden, an zentralen Stellen der Rechtsordnung als »frei« bezeichnet. Damit nimmt das Recht aber nicht Stellung im auch in anderen Wissenschaften geführten In-/Determinismusstreit. Das gilt auch für die UN-Behindertenrechtskonvention. Sie geht als Rechtstext davon aus, dass Menschen (mit Behinderungen) »wollen« und dass dieses subjektive Wollen ebensolche Rechtsfolgen erzeugt wie das Wollen anderer Menschen. Insofern anerkennt sie ihren Willen als »frei«. Deswegen schützt sie in Art. 12 Abs. 4 besonders die Prozessrechte von Menschen mit Behinderungen, mit denen diese jedwede Angriffe auf ihre Rechtspositionen abwehren können. Das deutsche Betreuungsrecht schützt darüber hinaus Menschen, die nach sachverständiger Beurteilung selbst nicht wollen, davor, durch ihr Tun oder Nichtstun in schwere Lebens- oder Gesundheitsgefahr zu geraten. Damit verstößt es nicht gegen die Garantien der UN-Behindertenrechtskonvention.