Lutz, Titze, Streb, Dudeck: Psychotherapie in Zweitsprache – Welche sprachlichen Kompetenzen sind notwendig? – Einzelartikel aus R&P 3/2021

Sprachbarrieren stellen eine Herausforderung für die forensisch-psychiatrische Behandlung dar. In der vorliegenden Studie wurde der Frage nachgegangen, unter welchen Voraussetzungen Psychotherapie in Zweitsprache effektiv ist, d. h. welche sprachlichen Kompetenzen mindestens benötigt werden. Auf Basis von Unterschieden in der verbalen Teilnahmefähigkeit an Psychotherapie wurde ein qualitativer Vergleich der sprachlichen Leistungen der Patienten im Cultural Formulation Interview durchgeführt. Die Probanden waren zehn Patienten mit Migrationshintergrund, die nach § 63 StGB untergebracht waren und sechs Monate zuvor einen hochfrequenten Sprachkurs für Deutsch als Zweitsprache beendet haben. Zumindest eingeschränkte verbale Teilnahmefähigkeit an Psychotherapie war bei den Probanden gegeben, die auf Sprachniveau B1 eingeschätzt wurden. Es zeigte sich, dass die verbale Teilnahmefähigkeit umso höher eingeschätzt wurde, je umfangreicher die Antworten der Probanden ausfielen. Die grammatikalische Güte spiele eine untergeordnete Rolle. In der Praxis können Modifikationen der therapeutischen Interventionen wie Hausaufgaben die sprachlichen Anforderungen in der Therapiesitzung senken und zur Förderung der Therapie in Zweitsprache Deutsch beitragen.
Schlüsselwörter: Migration, Maßregelvollzug, Sprachkenntnisse, Psychotherapie, qualitative Forschung