Tabuthema: Postpartale Depression – Moderierte Doppellesung

Wenn statt des Glücks die Krise kommt

Postpartale Depressionen sind bis heute ein Tabuthema. Dabei erkranken allein in Deutschland etwa hunderttausend Frauen jährlich nach der Geburt an dieser ernst zu nehmenden Krankheit. Nur selten finden sie die Unterstützung, die sie dringend benötigen. Fatal, denn je früher postpartale Depressionen behandelt und erkannt werden, desto besser sind die Heilungschancen.

Reden wir drüber!

Der BALANCE buch + medien verlag und der Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e. V. laden
am Freitag, den 25. März 2022 ab 19:30 Uhr (Ende 21:00 Uhr)
zu einer Online-Doppellesung ein.

Moderiert wird die Lesung von Cornelia Schäfer. Sie ist freie Journalistin und eine der Moderatorinnen des Kölner Psychoseforums.
Im Anschluss besteht die Möglichkeit des Austausches.

Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenlos. Die Lesung findet über Zoom statt. Die Zugangsdaten übermitteln wir Ihnen spätestens 24 Stunden vor Beginn der Online-Lesung. Anmeldungen unter: info@balance-verlag.de.

Carlotta Frey ist Diplom-Online-Journalistin und Mutter zweier Kinder.

Im Frühjahr 2021 ist ihr Erfahrungsroman »Mutterglück – Wie ich trotz postpartaler Depression zurück zu meinen Kindern fand« erschienen. Die Geburt ihrer zweiten Tochter katapultiert sie hinein in ein Gefühl der Leere. Aus einem kurzen Klinikaufenthalt wird ein langer. Und Lotta kämpft. Für sich. Für ihre Kinder. Und für ein hoffnungsvolles, neues Morgen.

Britta Scheufens ist Verwaltungsfachangestellte und arbeitete über 15 Jahre im öffentlichen Dienst.

In ihrem Buch »Zurück ins Leben – Mein Weg aus der Wochenbettdepression« schildert sie sehr authentisch und persönlich, dass eben nicht alles Friede, Freude Eierkuchen mit einem Baby ist. Sie bietet Beratungen für betroffene Mütter und Angehörige an und engagiert sich in der Präventions- und Aufklärungsarbeit.


»Alles begann in der ersten Nacht nach Vanessas Geburt. Das kleine Wunder, das nur wenige Stunden zuvor unter Schreien aus meinem Bauch gepresst worden war, lag hilflos in seinem Bettchen. Zwei Hände voll Leben. Verantwortung bis in den Tod. War sie das süßeste Baby von allen? Mütter sagten das angeblich von ihren Kindern. Aber ich war mir da nicht so sicher. Meine Muskeln krampften von den Strapazen und die Endorphine ließen mich nicht schlafen. Vanessa atmete. Sie röchelte. Sie drehte sich um. Sie schmatzte. Und mir liefen Tränen über das Gesicht.«

Carlotta Frey in »Mutterglück«

»Mit einem Mal saß ich wieder hellwach und kerzengerade in meinem Bett. Schweißperlen auf meiner Stirn. Der Rücken klitschnass. Gleichzeitig zitterte und fror ich am ganzen Körper. So liefen meine Versuche, einzuschlafen, in den letzten zehnTagen vor Weihnachten ab. Ich hatte Angst vor mir selbst und vor meinen Gedanken an eine offensichtliche Todessehnsucht. Ich wollte nur noch, dass es aufhört. Egal wie.«

Britta Scheufens in »Zurück ins Leben«

Zu den Veranstaltern:

Kontakt BALANCE buch + medien verlag: Miriam Lindner – Leitung Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 0221 167989 12
E-Mail: lindner@psychiatrie-verlag.de

Der BALANCE buch + medien verlag wurde 2007 als Imprint der Psychiatrie Verlag GmbH gegründet. Menschen in seelischer Not oder psychischer Ausnahmesituation finden in den Büchern Rat und fachkundige Lebenshilfe. Die verschiedenen Buchreihen machen Mut und zeigen praktische Lösungsmöglichkeiten auf, sie informieren und beziehen Stellung, trösten und regen an.

Kontakt Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e. V.: Kerstin Trostmann – Leitung Kommunikation und Projekte
Tel.: 0228 71002404 (Montag–Mittwoch 9:00–15:00 Uhr) oder mobil: 0160 9389 6285
E-Mail: trostmann.bapk@psychiatrie.de

Der BApK e. V. ist eine Selbsthilfeorganisation und Solidargemeinschaft von Familien mit psychisch erkrankten Menschen. Als Familien-Selbsthilfe Psychiatrie setzt sich der Bundesverband gemeinsam mit seinen Mitgliedern in Landesverbänden auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen für die Verbesserung der Situation psychisch kranker Menschen und ihrer Angehörigen und Freunden ein.


Mehr Informationen zum Thema

Baby Blues versus Wochenbettdepression

Dass es nach der Geburt häufig zum Baby Blues kommt, ist den meisten Müttern bekannt. Darüber wird häufig in Geburtsvorbereitungskursen gesprochen. Der Baby Blues wird vor allem durch die Hormonumstellung hervorgerufen und geht mit Traurigkeit und häufigem Weinen einher. Gegen dieses postpartale Stimmungstief ist die Postpartale Depression oder Wochenbettdepression abzugrenzen. Diese ernst zu nehmende, psychische Erkrankung kann schon bereits während der Schwangerschaft oder auch erst innerhalb des ersten Jahres nach der Entbindung einsetzen; am häufigsten tritt sie bei den Betroffenen aber in den ersten Wochen nach Geburt auf.

»Da diese Erkrankung aber ein Tabuthema ist, empfinden die Mütter die Symptome als persönliches Versagen, glauben, die einzigen Mütter zu sein, die mit der neuen Rolle nicht zurechtkommen, und versuchen daher, so lange wie möglich dem in den Medien verbreiteten Bild der glücklichen und strahlenden Mutter zu entsprechen«, weiß Sabine Surholt, erste Vorsitzende der Selbsthilfeorganisation Schatten & Licht e. V. »Deshalb spricht man im englischen Sprachgebrauch auch von der Smiling Depression.« Das Problem: Anstatt frühzeitig Hilfe zu bekommen, wird durch diesen Umstand noch wertvolle Zeit verloren. Die Heilung wird hinausgezögert, der Leidensweg verlängert.

Begriffsklärung

Postpartale Depression:
lateinisch: post = nach, partus = Niederkunft, Entbindung
Dies ist eine korrekte und sehr häufig genutzte Bezeichnung für dieses Krankheitsbild. Ebenso kann auch der Begriff Wochenbettdepression verwendet werden.

Postnatale Depression:
lateinisch: post = nach, natus = Geburt
Postnatale Depression wird ebenfalls häufig als Synonym verwendet. Tatsächlich bezieht sich dieser Begriff aber auf den Zustand des Kindes.

Peripartale Depression:
lateinisch: peri = um, partus = Niederkunft, Entbindung
Dieser Begriff legt den Fokus auf die Zeit vor der Geburt. In der Praxis ist er deshalb nicht so häufig anzutreffen.

Postpartale Depression: Symptome gibt es viele

Tatsächlich sind die Symptome von Wochenbettdepressionen breit gefächert, vielleicht ein Grund dafür, warum diese Erkrankung so schwer zu fassen ist. Erkrankte Mütter berichten von seelischen Beschwerden wie Freudlosigkeit über körperliche wie Erschöpfung oder Konzentrationsstörungen hin zu psychosomatischen Anzeichen, beispielsweise Angst oder zwiespältige Gefühle dem Kind gegenüber. Weitere Symptome sind u.a.:

  • Kopfschmerzen
  • Schwindel
  • Konzentrationsstörungen
  • Schlafstörungen
  • Erschöpfung
  • Antriebslosigkeit
  • Traurigkeit
  • Freudlosigkeit
  • Hoffnungslosigkeit
  • Gefühl von innerer Leere
  • Gefühl von geringem Wert
  • Schuldgefühle
  • Zwiespältige Gefühle dem Kind gegenüber
  • Grübeln
  • Panikattacken
  • Ängste
  • Zittern
  • Herzbeschwerden
  • Appetitlosigkeit oder verstärkter Hunger
  • Hohe Reizbarkeit
  • Stimmungsschwankungen
  • Aggressionen und Wutausbrüche
  • Sozialer Rückzug
  • Sexuelle Unlust
  • Suizidgedanken

Hinzu kommt, dass Depressionen häufig schleichend beginnen und viele frischgebackene Mütter unter mangelndem Schlaf, chronischer Müdigkeit und Konzentrationsproblemen leiden. Wer vermutet, nach der Geburt nicht am Baby Blues, sondern an einer Wochenbettdepression erkrankt zu sein, dem kann der Selbsteinschätzungstest EPDS (Edinburgh-Postnatal-Depressions-Skala) einen ersten Anhaltspunkt bieten. Er ist u.a. auf der Website der bundesweiten Selbsthilfeorganisation »Schatten & Licht e. V.« zu finden. Einen Gang in die Praxis kann dieser aber nicht ersetzen.


Depressionen sind behandelbar

Es gibt zahlreiche Anlaufstellen, an die sich Mütter frühzeitig wenden können. Dazu zählen im ersten Schritt Nachsorgehebammen, Gynäkolog*innen, Hausärzt*innen oder Psychotherapeut*innen, sowie im Falle von Schrei-Babys sogenannte Schreiambulanzen. Auch gibt es zahlreiche Schwangerschafts- und psychosoziale Beratungsstellen von bspw. der Diakonie, der Caritas oder dem Projekt Frühe Hilfen, wo Betroffene entlastende Gespräche führen und konkrete Hilfsmöglichkeiten vor Ort herausfinden können, beispielsweise den Anspruch auf eine Haushaltshilfe. Akute Fragen können auch bei der Wochenbettdepression-Hotline Rhein-Main (015 77/ 47 42 654) des Klinikums der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt geklärt werden. Und wer verlässliche Informationen im Web sucht, wird auf den Websites der Deutschen Depressionshilfe und des Vereins »Schatten & Licht« fündig. Letzterer führt auch eine deutschlandweite Liste mit Fachleuten und Psychotherapeut*innen, an die sich Betroffene wenden können.

Denn als zentrales Mittel zur Genesung hat sich bei Postpartalen Depressionen die Psychotherapie bewährt – sei es bspw. die Verhaltenstherapie, die systemische Therapie oder ein tiefenpsychologischer Ansatz. Für welche der verschiedenen Therapieformen und -verfahren man sich entscheidet, hängt von der jeweiligen Persönlichkeit und der individuellen Vorgeschichte ab. Frauen, die von mittelschweren Depressionen betroffen sind, können außerdem von der zusätzlichen Gabe von Antidepressiva profitieren. Bei Müttern, die an schweren Wochenbettdepressionen erkrankt sind, ist eine medikamentöse Behandlung auf jeden Fall angezeigt. Ärzt*innen werden diesen außerdem zu einer stationären Therapie raten, damit sie sich schnellstmöglich wieder stabilisieren können. Eine Entscheidung, die betroffenen Müttern oft schwerfällt und die den Familienalltag sehr belasten kann.

Herausforderung Familienalltag

Alle Familien haben in solchen Momenten Anspruch auf eine Familienhilfe, die über die Krankenkasse unter bestimmten Voraussetzungen beantragt werden kann. Auch das Jugendamt kann in Einzelfällen weiterhelfen.

Zusammen mit den oben genannten Beratungsstellen und den Sozialarbeiter*innen der jeweiligen Kliniken lassen sich in den allermeisten Fällen individuelle Lösungen für die Zeit der Abwesenheit der Mutter finden. Und dennoch: Egal ob sich die depressive Mutter nun in stationäre Behandlung begibt oder eine ambulante Therapie anstrebt, die Väter müssen in der Regel für die Zeit bis zur Genesung besonders viel stemmen. Deshalb sollten sie gut mit ihren Kräften haushalten und sensibel für das eigene Wohlbefinden sein. Denn sonst droht nach der Genesung der Mutter noch die Depression des Vaters. Um dies zu verhindern, kann es auch lohnend sein, sich mit anderen Angehörigen psychisch erkrankter Menschen auszutauschen. Eine umfassende Übersicht deutschlandweiter Selbsthilfegruppen bietet beispielsweise der Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e. V. (BApK) auf seiner Website, auch für andere psychische Erkrankungen.

Nach der Depression: Zurück in einen neuen Alltag

Wie lange es bis zur Genesung dauert, dafür gibt es keine Faustregel. Generell gilt aber: Je früher die Depression erkannt und professionell behandelt wird, desto schneller klingt sie wieder ab. Häufig handelt es sich dabei um einige Monate, in einzelnen Fällen kann sich die Gesundung aber auch länger hinziehen. Was bei vielen Frauen nach der Wochenbettdepression außerdem zunächst zurückbleibt, sind Unsicherheiten und Ängste. Das alte Selbstvertrauen erstarkt häufig erst wieder mit der Zeit.

Die Angst, dass es wieder soweit kommen könnte, beschäftigt Mütter umso mehr, wenn sie sich noch ein Kind wünschen. Tatsächlich spricht in vielen Fällen nichts gegen eine erneute Schwangerschaft. Doch eine Pauschalantwort gibt es nicht. Hier gilt stets die Einzelfallentscheidung. Ob die Familienplanung nun abgeschlossen ist oder nicht, betroffene Frauen sollten auch nach der Überwindung der Wochenbettdepression sensibel für sich selbst sein. Im besten Fall haben sie das in der Psychotherapie mit professioneller Hilfe gelernt und wissen, auf welche Signale und Symptome sie achten müssen und welche Maßnahmen sie dabei unterstützt haben, in einen gesunden Alltag zu finden.

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