Querengässer, Baur, Bezzel, Körkel, Schlögl: Zieloffenheit in forensischer Suchttherapie – Einzelartikel aus R&P 1/2023

Alternativen zur impliziten Abstinenzorientierung sind rechtlich zulässig und therapeutisch sinnvoll
Abstinenz stellt aktuell das vorherrschende Behandlungsziel forensischer Suchtbehandlung dar. Dabei sieht das Strafrecht als Sinn jeglicher forensisch-psychiatrischer Intervention nur vor, dass es nach der Behandlung zu keinen weiteren Straftaten mehr kommt, die auf die psychiatrische Problematik zurückgehen. Es lässt offen, wie dies zu erreichen ist. In Bezug auf § 64 StGB ist der irreführende Begriff der Heilung vom »Hang«, Suchtmittel im Übermaß zu konsumieren, ebenso wenig mit Abstinenz gleichzusetzen, wie sich eine Abhängigkeitserkrankung nur durch vollständige Abstinenz überwinden lässt. Vielmehr ermöglichen Alternativen zur Abstinenzausrichtung auch und gerade im forensischen Kontext, dass jenen Patienten ein passendes Angebot gemacht wird, die zu Abstinenz nicht bereit oder in der Lage sind. Der vorliegende Artikel beleuchtet das Abstinenzziel aus juristischer Sicht und setzt sich kritisch mit der »Heilung« einer Suchterkrankung auseinander. Ein Fallbeispiel illustriert die Probleme, die durch eine Verengung auf Abstinenz als alleinigem Ziel forensischer Suchtbehandlung entstehen können. Als Fazit erscheint es angebracht, dass die implizite und ausschließliche Abstinenzausrichtung einer zieloffeneren Herangehensweise weicht.
Schlüsselwörter: Maßregelvollzug, Straftäterbehandlung, Abhängigkeitserkrankungen, Therapieziele, Psychotherapie