Berthold, Riedemann Überlastet, überfordert, überbelegt … Und der Wunsch nach »dem guten Patienten« – Einzelartikel aus R&P 4/2022
Derzeit befassen sich verschiedene Arbeitsgruppen mit der
Reform des § 64 StGB. Die Task Force der DGPPN schlägt unter
anderem vor, die Behandlungszustimmung und das Konstrukt
der Therapiemotivation der Patienten als eine obligatorische Unterbringungsvoraussetzung
in den Gesetzestext zu implementieren.
Diese Aspekte aus dem Positionspapier der DGPPN werden
aus psychotherapeutischer Sicht sowie anhand der empirischen
Datenerhebung der deutschlandweiten Stichtagserhebung 2020
betrachtet und kritisch diskutiert. Die Forderung einer Behandlungswilligkeit
sowie intrinsischen Veränderungsmotivation zu
Beginn der Behandlung bei teilweise schwer suchtmittelabhängigen
Patienten erscheint fachlich nicht gut nachvollziehbar.
Vielmehr sollte Motivationsförderung integrativer Bestandteil
der Behandlung sein – zu Beginn und fortlaufend. Bei der Auswertung
der Daten aus der Stichtagserhebung zeigte sich, dass
wenn Therapiemotivation gefordert wird, wahrscheinlich ein
Großteil stark therapiebedürftiger Patienten nicht mehr in die
Unterbringung kommen würde, dafür umso mehr Patienten,
die derzeit häufig als »Fehlzuweisungen« beschrieben werden.