Recht & Psychiatrie 2/2024 komplett

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DOI: 10.1486/RP-2021-01_0
Im ersten Beitrag beschäftigen sich von Peter, Weinmann, Zinkler und Aderhold mit ambulanten Behandlungsweisungen und erörtern kritisch die Wirksamkeit und rechtliche Einordnung im Hinblick auf eine menschenrechtskonforme Reform der Versorgungsstrukturen. Derzeit wird in Baden-Württemberg die Einführung dieses neuen Instruments der ambulanten Handlungsweisung diskutiert. Durch die Behandlungsweisung wird Patienten die Einnahme von Medikamenten und das Aufsuchen von Behandlungen vorgeschrieben. Werden diese Weisungen nicht eingehalten, sind stationäre und medikamentöse Zwangsbehandlungen die Folge. Nach einer Diskussion von Daten zum Ausmaß von Zwang in der deutschen Psychiatrie kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass die ambulante Behandlungsweise nicht zielführend ist und die gesamte psychosoziale Versorgungsstruktur einer umfassenden Reform unterzogen werden sollte.
Der zweite Aufsatz von Kös, Hausam, Calvano, Konrad und Bräunig behandelt die psychiatrischen und rechtlichen Anforderungen des Beurteilungsprozesses im PsychKG-Unterbringungsverfahren. Im Rahmen einer Studie wurden zunächst theoriebasierte Kriterien mit dem Akronym PGASUS zur Beurteilung einer PsychKG-Unterbringung identifiziert. P steht für psychische Störung, G für Gefahr, A für Aufhebung der freien Willensbestimmung, SU für Sachverhalt und Umstände und S für soziale Entlassungsbedingungen und alternative Maßnahmen. Im zweiten Schritt wurde untersucht, wie häufig diese Kriterien in Unterbringungsanträgen (n = 243) dargestellt wurden. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass ein strukturiertes und transparentes Vorgehen bei Unterbringungsanträgen notwendig ist.
Der letzte Beitrag von Dodegge thematisiert die Reform des Betreuungsrechts vom 1.1.2023 und den dadurch herbeigeführten Paradigmenwechsel bei der pharmakologischen (Zwangs-)Behandlung. Der Beitrag betont, dass die Reform vom »Wohl« zum »Wunsch« des Betreuten ledig-lich die höchstrichterliche Rechtsprechung in gesetzliche Normen umgesetzt hat. Zwar seien gesetzliche Änderungen herbeigeführt worden, allerdings würden diese gerade im Bereich der sexuellen Übergriffe der Betreuten gegenüber Menschen aus ihrem Umfeld nicht zu Lösungen führen. Der Verfasser kommt zu dem Schluss, dass eine pharmakologische Behandlung den Mangel an sozio- und psychotherapeutischen Angeboten nicht ausgleichen kann.