Calvano, Opitz-Welke, Hausam: Deskriptive Untersuchung von Suiziden in den Berliner Justizvollzugsanstalten von 2005 bis 2020 – Einzelartikel aus R&P 4/2022
In der vorliegenden Untersuchung sollen vollendete Suizide in
Berliner Justizvollzugsanstalten retrospektiv darauf untersucht
werden, inwiefern sich bisher bekannte Risikofaktoren in der
Untersuchungsgruppe widerspiegeln. Zudem soll anhand der
Gesundheitsakte die Inanspruchnahme des Gesundheitssystems
vor dem Suizid näher beleuchtet werden. Dabei konnten in der
vorliegenden Stichprobe wesentliche bekannte demografische
Risikofaktoren bestätigt werden. Die ersten sechs Monate der
Inhaftierung stellten sich in der Berliner Untersuchungsgruppe
als risikobelastet dar. Dabei suchten 37,5 % der Suizidenten in der
Woche des Suizides die Arztgeschäftsstelle auf, im Quartal des
Suizides hatten 82,5 % der Suizidenten ärztlichen Kontakt. Neben
der Identifizierung von Risikopersonen und dem konsequenten
Erfassen von Risikofaktoren wie psychiatrische Erkrankungen und
einer detaillierten Suizidanamnese, insbesondere auch bei der
Gruppe der Inhaftierten mit einer erheblichen Sprachbarriere,
sollte ein weiterer Schwerpunkt in der Entwicklung präventiver
Maßnahmen liegen, die den Adaptionsprozess der Haft unterstützt.