Traub, Hans-J.; Schalast, N.: Ansteigende Verweildauer im Maßregelvollzug – Einzelartikel aus R&P 3/2017

Der vorliegende Beitrag untersucht den deutlichen Anstieg der Verweildauern im Maßregelvollzug gemäß § 63 StGB während der letzten Jahre. Eine Grundlage bilden Daten des Statistischen Bundesamtes, die die Entwicklung der Unterbringungszahlen in den alten Bundesländern von 1985 bis 2013 beschreiben. In Analogie zu epidemiologischen Analysen – bezüglich Erkran- kungshäufigkeit und -dauer – wird eine »epidemiologische Verweildauer« dargestellt, die sich aus den vorliegenden Daten über Neuanordnungen (Strafverfolgungsstatistik) und Anzahl Untergebrachter (Strafvollzugsstatistik) ableiten lässt. Eine Vali- dierung dieser »epidemiologischen Verweildauer« erfolgt über aktuelle klinische Angaben zur Unterbringungsdauer. Es zeigt sich, dass längere Verweildauern zum Anstieg der Patienten- zahlen erheblich beigetragen haben. Zur Verifikation der im Land Nordrhein-Westfalen besonders deutlich angestiegenen Verweil- zeiten werden zusätzliche Datensätze ausgewertet. Die einzelnen (alten) Bundesländer unterscheiden sich deutlich in der Länge der Unterbringungsdauer, was erhebliche Handlungsspielräume für die Praxis des Maßregelvollzuges nahelegt. In NRW erfolgen schon seit 1984 nach dem Maßregelvollzugs- gesetz regelmäßige externe Begutachtungen von Patienten, um überlange Unterbringungszeiten zu vermeiden. Die vorliegenden Erkenntnisse verstärken Zweifel, dass ebensolche Begutach- tungen diesem Zweck dienlich sind.