Schmidt-Quernheim, F.: »Nach dem Spiel ist vor dem Spiel« – Über den Mythos des Neuanfangs und die Notwendigkeit einer Forensischen Ambulanz – Einzelartikel aus R&P 3/2005

Verbreitet sind Vorstellungen bei forensischen Patienten, nach der Entlassung aus dem Maßregelvollzug sei die Behandlung »ein für allemal« abgeschlossen und man könne nunmehr ein »ganz neues Leben« beginnen. Dieses Wunschdenken der Patienten verbindet sich oft mit dem moralischen Credo engagierter Helfer, man wolle den Patienten nicht immer seine Vergangenheit »vorhalten«. Auch manche sozialpsychiatrische Herangehensweisen, die den Patienten einer forcierten Normalisierung unterziehen möchten, unterstützen diesen »Mythos des Neuanfanges« – mit oft unheilvollen Wirkungen. Der Autor beschreibt die Notwendigkeit einer konsequent auf Kontinuität und Integration angelegten Konzeption einer Forensischen Fachambulanz, wie sie in den Rheinischen Kliniken Düren seit langem praktiziert wird. Gegen die Aufteilung der Patienten in »Behandlungsfälle drinnen« und »Bewährungsfälle draußen« setzt die Forensische Ambulanz das Konzept eines haltenden »Übergangsraumes«, der den Tendenzen der Patienten zu (Beziehungs-)Abbrüchen und zu Spaltungen strukturell entgegenwirkt. Rehabilitation kann nur durch systematische Integration aller Aspekte des Patienten (und seiner Lebenskontexte) im Rahmen institutionsübergreifender Helfer-Teams gelingen. In drei Thesen zusammengefasst: 1. Rehabilitation im Maßregelvollzug ist immer transmurale Behandlung (1). 2. Rückfall-Prävention kann nur im Netz realisiert werden. 3. Steuerung und kontinuierliche Überprüfung des Betreuungs-Settings sind die zentralen Voraussetzungen einer wirksamen, »aktiven« Prognosebildung und daher Hauptaufgaben forensischer Fachambulanzen. ...