Schernus, R.: Narrare necesse est – Einzelartikel aus SI 3/2022

Narrare necesse est
Menschen, die durch die existenziellen Erschütterungen psychotischen Erlebens hindurchgehen mussten, fühlen sich während psychiatrischer Behandlungen gerade darin oft nicht ausreichend gesehen und ernst genommen. Psychose als Krankheit zu verstehen kann entlastend sein, wird jedoch als alleinige Interpretation dem subjektiven Erleben der Betroffenen nicht gerecht und auch nicht ihrer Suche nach Sinn, Bedeutung und Einordnung des psychotischen Geschehens in den jeweiligen Lebenskontext. Für die Integration dieses Erlebens ist neben therapeutischen Einzelgesprächen insbesondere die Ermöglichung des begleiteten Austauschs mit anderen Betroffenen in Psychoseerfahrungsgruppen sowie der Versuch der Annäherung an Erfahrungsbereiche, die auch nicht psychosefähigen Menschen zugänglich sind, nicht nur hilfreich, sondern auch notwendig.
Autorin: Renate Schernus