Ein gesellschaftswissenschaftlicher Kommentar
Psychiatrische Studien zeigen, dass das Aufwachsen und Leben in Großstädten
das Risiko für bestimmte psychiatrische Diagnosen erhöht. Es stellt sich die Frage, wie
genau diese Kausalität entsteht. Der Forschung ist es bislang gelungen, die Relevanzen
sozialer Beziehungen sowie die Wirkungen einzelner materieller Faktoren zu belegen.
Die bisherigen Erkenntnisse basieren auf einer konzeptuellen Trennung von Mensch und
Umwelt sowie der faktoriellen Zerlegung der Umwelt in einzelne Komponenten. Dies deckt
sich nicht mit einer gesellschaftswissenschaftlichen Perspektive. In diesem Beitrag werden
drei Aspekte skizziert, die für eine Weiterentwicklung der interdisziplinären Forschung
diskussionswürdig erscheinen. Wie sollten Prozesse öffentlichen Begegnens analysiert
werden? Was folgt aus Ungleichheiten und Ambivalenzen, die im Zusammenwirken unterschiedlicher
Umweltfaktoren sichtbar werden? Wie könnte die Fokussierung situativen
Umwelterlebens in den Kontext eines komplexen, durch historische, politische, kulturelle und
ökonomische Dynamiken geprägten Alltags eingebettet werden?
Autor: Patrick Bieler
